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Archiv .:. Geschichte des Widerstandes und der Arbeit [4]

157093
Braunschädel, Wolfgang u.a. [Red.], Archiv des Widerstandes und der Arbeit. Nr. 4. Berlin 1981.
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Description
Braunschädel, Wolfgang u.a. [Red.],
Archiv des Widerstandes und der Arbeit. Nr. 4. Berlin: Karin Kramer Verlag, 1981. 125 Seiten mit Abbildungen. Broschur.
* Gebärstreikdebatte 1913 in Berlin, Ruhr-Universität Bochum; Die Seidenklöster; Proletarische Theorie in England vor 1850.
Bestell-Nr.157093 | ISBN: 3-87956-138-9
Archiv | Soziale Bewegungen | Periodica | Erwerbstaetigkeit | Arbeitswelt |

Inhalt
Zu diesem Heft 4

Anneliese Bergmann
Geburtenrückgang - Gebärstreik. Zur Gebärstreikdebatte 1913 in Berlin 7

Alexander Brandenburg / Wolfgang Braunschädel / Jörg Hausmann / Johannes Materna
Ruhr - Universität Bochum 57

Dominique Vanoli
Die Seidenklöster 85

Gareth Stedman Jones
Die Grenzen proletarischer Theoriebildung in England vor 1850 105

Anneliese Bergmann geht es in ihrem Aufsatz um eine kritische Überprüfung der sozialdemokratischen Argumentation für und gegen den Gebärstreik. Die »Gebärstreikdebatte«, die 1913 von der SPD initiiert worden war, steht somit im Mittelpunkt des Aufsatzes. Das zentrale Anliegen der Verfasserin ist es, aufzuzeigen, vor welchem Hintergrund dieses »Ereignis« stattfand und vor allem, welchen selbständigen Anteil Frauen an dem Stattfinden dieser hauptsächlich von Männern geführten Diskussion hatten. Wurde auf der einen Seite der Gebärstreik von einigen sozialdemokratischen Ärzten als ein »drittes revolutionäres Kampfmittel« proklamiert, das für den Emanzipationskampf der Arbeiterklasse nutzbringend eingesetzt werden kann, so wurde diese politische Vorstellung auf der anderen Seite von der Parteileitung der SPD als ein reaktionäres und falsches Kampfinstrumentarium abgelehnt. Beide Positionen werden von der Verfasserin in Frage gestellt. Der Lebensalltag von Frauen, die Bedingungen unter denen sie Kinder gebaren, aufzogen und massenhaft gegen gesellschaftlich gesetzte Normen eine Geburtenkontrolle praktizierten, werden dem entgegengestellt. Wenn Frauen sich weigerten, dem Ruf nach einer maximalen Kinderproduktion nachzukommen, stand mehr auf dem Spiel als vordergründig zugegeben wurde. Daß sich hier subversiv praktizierter Widerstand mit dem Ergebnis des Geburtenrückgangs ausdrückte, der mit den Zielen der Sozialdemokratie nichts gemein hatte, ist eine der zentralen Thesen des vorliegenden Aufsatzes. Damit unterscheidet sich dieser Beitrag in der Fragestellung und Bearbeitung von den bisher zur »Gebärstreikdebatte« erschienenen Texten von U. Linse, K. Nemitz und K.H. Roth, in denen die »Gebärstreikdebatte« entweder als ein parteipolitischer Skandal für sich stehen gelassen bleibt oder Standpunkte der männlichen Diskutanten übernommen werden, die doch meist über die Bedürfnisse und Interessen der »gebärstreikenden« Frauen hinweggingen.

Der Beitrag über die Ruhr-Universität in Bochum ist ein Versuch, den Kontext der Entstehung und Vermittlung von Wissenschaft zu erhellen. Dabei geht es nicht um die theoretische Durchdringung und Ableitung von Wissenschafts- und Ausbildungsprozessen, sondern um die visuelle Erfassung dessen, was vordergründig als Architektur, letztlich jedoch als alle Sinne erfassender Lebenszusammenhang wirkt.

Dominique Vanoli beschäftigt sich mit den auf dem Hintergrund der Auseinandersetzungen in der Lyoner Seidenindustrie in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts erfolgten Auslagerungen dieser Industrien in ländliche Gebiete. Diese ausgelagerten Industrien etablierten ein patronales Unterdrückungssystem, in dessen Rahmen die hauptsächlich weiblichen Arbeitskräfte (vor allem junge Mädchen) eingeschlossen waren. Die Autorin verfolgt die Entwicklung des spezifisch weiblichen Widerstandes, der sich gegen diese fest umrissenen Stukturen herausbildete, und der um die Jahrhundertwende selbst in der organisierten Arbeiterbewegung auf Unverständnis bis Ablehnung stieß.

Der Beitrag von Gareth Stedman Jones hat in der Redaktion folgende Fragen aufgeworfen: — Können wir es uns heute noch erlauben, soziale Bewegungen unter dem Blickpunkt einer logisch sich entfaltenden Theorieentwicklung zu beurteilen? — Können wir die Realität der Klassenauseinandersetzungen mit einer Kontinuität sozialistischer Theorieentfaltung in Verbindung bringen? In der Herangehensweise von Gareth Stedman Jones scheinen folgende, zu problematisierende Implikationen festgeschrieben: — Ebenso wie die Gesellschaft, so ist auch der Widerstand einer gesetzmäßigen Entwicklung unterworfen. — Die Emanzipation der Unterklassen entspricht der objektiven Gesellschaftsentwicklung, und das politische Bewußtsein der Unterklassen ist ihr mehr oder weniger richtiger Ausdruck. — Widerstand wie Anpassung sind Resultat eines in seinen Inhalten durch die objektive Entwicklung festgelegten Lernprozesses; Politik wird zur 'richtigen Strategie' und ihrer didaktisch geschickten Verallgemeinerung. Es ist unzweifelbar wichtig zu fragen, warum die organisierte Arbeiterbewegung in ihren wichtigen Teilen seit ihrer Frühphase bis heute in der Sprache ihrer Führer und in den Ordnungen ihrer Organisationen ihre politische, gedankliche und kulturelle Lebendigkeit immer wieder aufs neue einsperren, vergegenständlichen, erstarren ließ, warum sie es zugelassen hat, ihre Vorstellungen, Hoffnungen, Ideen, Wünsche durch die Formulierungen, durch die Begriffe, durch die Definitionsgewalt ihrer Führer reduzieren, verkürzen, liquidieren und dann durch ihre Funktionäre verwalten zu lassen. Es geht also keineswegs darum, die Okkupationsgewalt der 'Theoretiker', der Ideologen und der Funktionäre zu leugnen oder naiv als Täuschung und Verrat zu enthüllen. Sie gehören schon zusammen, die Organisationen und ihre Anhänger. Die Mechanik der Reduktion und die Kontinuität der Anpassung und Integration ist Teil und Ausdruck von Herrschaftsgeschichte, gehört zur Entfaltung der Unterdrückung der Neuzeit. Aber Aufsätze wie der von Gareth Stedman Jones suggerieren immer wieder, daß die 'ungewünschten' Folgen der Arbeitsteilung zwischen Organisationsfunktionären und Basis, zwischen der generellen Sprache und den vielen ungehörten und zum Verstummen gebrachten Einwendungen von unten, zwischen herrschender oder zur Macht drängender Interpretationsgewalt von Theoretikern und denen, die ihrer Interpretation (pädagogisch oder gewaltmäßig) unterworfen werden sollen, immer nur das Ergebnis schlechter Theorie, falscher Interpretationen, ungenauer Begrifflichkeit, nicht erkannter Realität gewesen seien und sind, daß an der Geschichtsproduktion nur der Konkurrenzkampf der Interpreten miteinander und um die Sozialbewegung wichtig gewesen sei. Ihre Wissenschaft zementiert eine scheinbare Notwendigkeit von Theorie, die die lebendige Wirklichkeit der unteren Klassen im allgemeinen Begriff »des Arbeiters« abtötet, die die Arbeiter und ihren Widerstand nur dort leben läßt, wo sie als folgsamer Schüler vorformulierter Theorie und Erkenntnis vorab bestimmbare organisatorische Konsequenzen ziehen bzw. gezogen haben. Der widersprüchliche geschichtliche Prozeß erscheint im Nachhinein als mehr oder weniger umwegige Entfaltung von Begrifflichkeiten. Geschichtsschreibung erstarrt zur empirischen Hermeneutik. In den Kategorien von falsch und richtig feuern diese Theoretiker auf den Zuschauerbänken die sich blind abhetzenden Läufer der Basis an, je nachdem welche Partei sie ergriffen haben - nach dieser oder jener Kategorie, mit diesem oder jenem Slogan, schneller im Wettlauf des geschichtlichen Fortschritts zu lernen, zu kämpfen, sich zu organisieren usw. So erstaunt (wirklich oder nur rhetorisch) es den Autor, daß »trotz der Intensität der Klassenfeindschaft gegenüber der 'steamproducing class' (also den industriellen Unternehmern) niemals gefordert wurde, die Fabriken zu verstaatlichen und ihre Besitzer zu enteignen«. Vielleicht, weil viele der Chartisten dem Staat mißtrauten, wie Jones ja vorher - kritisch gegen die Unreife der Theorie gewendet - es selbst feststellt? Vielleicht weil sie selbst kollektiv die Produktionsmittel besitzen wollten?
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