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Boor .:. Schwedische Literatur
157207
Boor, Helmut de, Schwedische Literatur. Breslau 1924.
Temporarily closed
Nov 13-28, 2024
Description
Boor, Helmut de,
Schwedische Literatur. Breslau : F. Hirt, 1924. 116 Seiten mit 21 Abbildungen und Register. Halbleinen.
* Jedermanns Bücherei : Abt.: Literaturgeschichte
Bestell-Nr.157207
Boor | Schwedische Literatur | Nordistik | Skandinavistik | Schweden
Einleitung
Die Literatur Schwedens, die in reicher Entfaltung mit den Literaturen der skandinavischen Nachbarländer in ihren späteren Perioden getrost wetteifern kann, steht in ihren Anfängen beträchtlich hinter diesen zurück. Neben der großartigen Fülle vorchristlicher Denkmäler, die uns der westnordische Sprach- und Literaturzweig namentlich auf Island aufbewahrt hat, steht Schweden arm, ja völlig besitzlos da. Ihm fehlt auch die Gestalt des großen Chronisten, der wie der Däne Saxo Grammaticus aus den Heldensängen und Sagen seiner Heimat eine zwar lateinisch geschriebene und christlich durchklungene, dennoch aber vorn Geiste des Heldenzeitalters erfüllte, nationale Vor- und Frühgeschichte verfaßt und so mindestens die Umrisse der alten Heldendichtung uns bewahrt hätte. Wie in Deutschland beginnen vielmehr die überlieferten Denkmäler erst in dem Augenblick, als der volle Sieg des Christentums heidnischem Denken und Dichten bereits den entscheidenden Stoß versetzt hatte. Die späte Bekehrung Schwedens — bis ins 12. Jahrhundert dauern die letzten Bewegungen — bedingt es, daß die Kirche von ihrer unbestrittenen Herrschaftsstellung aus denn doch mit ganz anderer Kraft und Sicherheit durchgreifen konnte als einige Jahrhunderte früher in Deutschland. So genießt die schwedische Literatur nicht einmal den Vorzug, daß spätere Kunstformen die Inhalte der alten Heldenlieder, wenn auch modern übertüncht, wieder aufnahmen, wie es in den deutschen Volksepen von der Art des Nibelungenliedes geschehen ist.
Als dann das 14. Jahrhundert ein eigenes schwedisches Schrifttum zu erwecken begann, waren die Produkte dieses Schrifttums von hochmittelalterlichem Denken erfüllt. Die schwedische Literatur ist so von vornherein in den Rahmen der festländischen Gedanken- und Literaturströmungen eingespannt. Es bleibt hinfort ihr Schicksal, das Kultur- und Literaturgut, das vom Festland einströmt, aufzunehmen und weiter zu verarbeiten, wobei es ihr in allen Höhepunkten gelingt, eine spezifisch schwedische Farbennuance von wechselnder Stärke einzumischen. Diese schwedische Sonderart ist erstaunlich stark lyrisch. Immer wieder drängt es gerade die wirklichen Künstler zu lyrischem Ausdruck ihres Wesens, selbst wenn ihre Epoche und sie selbst so wenig lyrisch empfinden wollen wie Aufklärung und Naturalismus.
Die älteste lateinische Hymnendichtung und die bedeutenden Leistungen des beginnenden 20. Jahrhunderts liegen in der gleichen Linie. Sonderbar mischen sich in dem schwedischen Lyrismus eine weltferne und himmelhohe Mystik, die alle verstandesmäßige Begrenzung bricht, und eine behäbige Bodenständigkeit und fast nüchterne Daseinsfreude, die den mystischen Schwung unweigerlich wieder zur Erde zurückführt. Zeittendenzen können die eine oder die andere Seite stärker betonen; bei allen wirklichen Künstlernaturen machen sich beide geltend. Von Birgittas Visionen bis zu Strindbergs zwiespältiger Persönlichkeit und Selma Lagerlöfs Stileigenart läßt sich das verfolgen. In dieser Veranlagung dürfte aber auch der Grund dafür liegen, daß gerade die schwedischsten Persönlichkeiten — Bellman, Kellgren, Tegnér, Geijer, Runeberg, Fröding — zu keiner geschlossenen Leistung großen Stils fortschreiten konnten. In der vorreformatorischen Zeit sind die Kulturberührungen allgemein kontinentaler Art entsprechend der universellen kulturtragenden Macht der katholischen Kirche. Mit der Reformation beginnen die einzelnen nationalen Literaturen und Kulturen schärfer gesondert hervorzutreten und wechselnd Einfluß auf die schwedische Literatur zu gewinnen, deren Gesicht nunmehr wesentlich durch die Hinwendung zu den jeweiligen kulturellen Hochdruckgebieten Europas bestimmt wird. Erst in neuester Zeit, wo der Begriff „Weltliteratur" sich zu verwirklichen anfängt, hat Schweden in Strindberg, wie etwas früher Norwegen in Ibsen und Björnson, einen Geist hervorgebracht, der nicht mehr geführt im Zuge der europäischen Literaturentwicklung mitgeht, sondern ihn selbst führend und richtungweisend beeinflußt.
INHALTSÜBERSICHT
Einleitung 7
Erstes Kapitel : Altertum und Mittelalter 9
Zweites Kapitel : Reformation und Großmachtzeit 18
Drittes Kapitel : Aufklärung 33
Viertes Kapitel : Romantik 53
Fünftes Kapitel: Die Nachwirkungen der
Romantik und der Realismus 69
Sechstes Kapitel: Naturalismus und Impressionismus 85
Zeittafel 99
Register 101
Schwedische Literatur. Breslau : F. Hirt, 1924. 116 Seiten mit 21 Abbildungen und Register. Halbleinen.
* Jedermanns Bücherei : Abt.: Literaturgeschichte
Bestell-Nr.157207
Boor | Schwedische Literatur | Nordistik | Skandinavistik | Schweden
Einleitung
Die Literatur Schwedens, die in reicher Entfaltung mit den Literaturen der skandinavischen Nachbarländer in ihren späteren Perioden getrost wetteifern kann, steht in ihren Anfängen beträchtlich hinter diesen zurück. Neben der großartigen Fülle vorchristlicher Denkmäler, die uns der westnordische Sprach- und Literaturzweig namentlich auf Island aufbewahrt hat, steht Schweden arm, ja völlig besitzlos da. Ihm fehlt auch die Gestalt des großen Chronisten, der wie der Däne Saxo Grammaticus aus den Heldensängen und Sagen seiner Heimat eine zwar lateinisch geschriebene und christlich durchklungene, dennoch aber vorn Geiste des Heldenzeitalters erfüllte, nationale Vor- und Frühgeschichte verfaßt und so mindestens die Umrisse der alten Heldendichtung uns bewahrt hätte. Wie in Deutschland beginnen vielmehr die überlieferten Denkmäler erst in dem Augenblick, als der volle Sieg des Christentums heidnischem Denken und Dichten bereits den entscheidenden Stoß versetzt hatte. Die späte Bekehrung Schwedens — bis ins 12. Jahrhundert dauern die letzten Bewegungen — bedingt es, daß die Kirche von ihrer unbestrittenen Herrschaftsstellung aus denn doch mit ganz anderer Kraft und Sicherheit durchgreifen konnte als einige Jahrhunderte früher in Deutschland. So genießt die schwedische Literatur nicht einmal den Vorzug, daß spätere Kunstformen die Inhalte der alten Heldenlieder, wenn auch modern übertüncht, wieder aufnahmen, wie es in den deutschen Volksepen von der Art des Nibelungenliedes geschehen ist.
Als dann das 14. Jahrhundert ein eigenes schwedisches Schrifttum zu erwecken begann, waren die Produkte dieses Schrifttums von hochmittelalterlichem Denken erfüllt. Die schwedische Literatur ist so von vornherein in den Rahmen der festländischen Gedanken- und Literaturströmungen eingespannt. Es bleibt hinfort ihr Schicksal, das Kultur- und Literaturgut, das vom Festland einströmt, aufzunehmen und weiter zu verarbeiten, wobei es ihr in allen Höhepunkten gelingt, eine spezifisch schwedische Farbennuance von wechselnder Stärke einzumischen. Diese schwedische Sonderart ist erstaunlich stark lyrisch. Immer wieder drängt es gerade die wirklichen Künstler zu lyrischem Ausdruck ihres Wesens, selbst wenn ihre Epoche und sie selbst so wenig lyrisch empfinden wollen wie Aufklärung und Naturalismus.
Die älteste lateinische Hymnendichtung und die bedeutenden Leistungen des beginnenden 20. Jahrhunderts liegen in der gleichen Linie. Sonderbar mischen sich in dem schwedischen Lyrismus eine weltferne und himmelhohe Mystik, die alle verstandesmäßige Begrenzung bricht, und eine behäbige Bodenständigkeit und fast nüchterne Daseinsfreude, die den mystischen Schwung unweigerlich wieder zur Erde zurückführt. Zeittendenzen können die eine oder die andere Seite stärker betonen; bei allen wirklichen Künstlernaturen machen sich beide geltend. Von Birgittas Visionen bis zu Strindbergs zwiespältiger Persönlichkeit und Selma Lagerlöfs Stileigenart läßt sich das verfolgen. In dieser Veranlagung dürfte aber auch der Grund dafür liegen, daß gerade die schwedischsten Persönlichkeiten — Bellman, Kellgren, Tegnér, Geijer, Runeberg, Fröding — zu keiner geschlossenen Leistung großen Stils fortschreiten konnten. In der vorreformatorischen Zeit sind die Kulturberührungen allgemein kontinentaler Art entsprechend der universellen kulturtragenden Macht der katholischen Kirche. Mit der Reformation beginnen die einzelnen nationalen Literaturen und Kulturen schärfer gesondert hervorzutreten und wechselnd Einfluß auf die schwedische Literatur zu gewinnen, deren Gesicht nunmehr wesentlich durch die Hinwendung zu den jeweiligen kulturellen Hochdruckgebieten Europas bestimmt wird. Erst in neuester Zeit, wo der Begriff „Weltliteratur" sich zu verwirklichen anfängt, hat Schweden in Strindberg, wie etwas früher Norwegen in Ibsen und Björnson, einen Geist hervorgebracht, der nicht mehr geführt im Zuge der europäischen Literaturentwicklung mitgeht, sondern ihn selbst führend und richtungweisend beeinflußt.
INHALTSÜBERSICHT
Einleitung 7
Erstes Kapitel : Altertum und Mittelalter 9
Zweites Kapitel : Reformation und Großmachtzeit 18
Drittes Kapitel : Aufklärung 33
Viertes Kapitel : Romantik 53
Fünftes Kapitel: Die Nachwirkungen der
Romantik und der Realismus 69
Sechstes Kapitel: Naturalismus und Impressionismus 85
Zeittafel 99
Register 101
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