Feyerabend, Paul,
Zeitverschwendung. 2. Auflage. Frankfurt am Main : Suhrkamp, 1995. 250 Seiten mit Abbildungen. Pappband (gebunden) mit Schutzumschlag. 205 x 126 mm. 392 g
* Killing time. Übersetzt von Joachim Jung. “Fast ohne Dokumente, nahezu ausschliesslich auf die Erinnerung gestützt, blickt er ein wenig verwundert auf ein Leben zurück, das ihm - trotz der Turbulenz der äusseren Ereignisse - manchmal leer erscheint, in dem er jedenfalls zuviel Zeit für unwichtige Dinge verschwendet habe." - Einband schwach lichtrandig, Rücken mit kleiner Druckstelle.
Bestell-Nr.160679 | ISBN: 3-518-40693-0 | 978-3-518-40693-9
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Wissenschaftstheorie
Es hätte nicht viel gefehlt, und Paul K. Feyerabend wäre Opernsänger geworden. Eine solide Gesangsausbildung hat er jedenfalls genossen, und dem Musiktheater galt seine Leidenschaft mindestens ebensosehr wie der Wissenschaftstheorie, in der er berühmt geworden ist mit dem Satz: Anything goes. Auch wenn ihm die Universität »ein beachtliches Einkommen« und zudem die Möglichkeit bot, seinem Hang zum Geschichtenerzählen nachzugehen, empfand er die Wissenschaft nicht als Mittelpunkt seines Lebens. Deshalb ist dieses Buch auch keine »intellektuelle Autobiographie«, die den normativen Ansprüchen einer philosophischen Vernunft an die Wissenschaftsentwicklung noch einmal den Prozeß machte, um am Schluß das Urteil zu fällen, alles sei möglich. Gewiß, Feyerabend gefällt sich als Elefant im Porzellanladen der popperianischen Forschungslogik. Viel lieber aber und mit Akribie erinnert er sich über Jahrzehnte hinweg an eine Vielzahl von Theateraufführungen und an die Leistungen einzelner Schauspieler und Sänger.
Feyerabend hat dieses Buch 1993, im letzten Jahr seines Lebens, geschrieben. Zu Beginn wußte er noch nicht, daß ihn nach Abschluß des Manuskripts der Tod erwartete. Fast ohne Dokumente, nahezu ausschließlich auf die Erinnerung gestützt, blickt er ein wenig verwundert auf ein Leben zurück, das ihm — trotz der Turbulenz der äußeren Ereignisse — manchmal leer erscheint, in dem er jedenfalls zuviel Zeit für unwichtige Dinge verschwendet habe. Ihn selbst irritiert das eigentümliche Gefühl des unbeteiligten Staunens, mit dem er nicht nur als Kind die Skurrilitäten und Grausamkeiten der Welt wahrgenommen habe. Nichts schien haftengeblieben von der Enge einer kleinbürgerlichen Kindheit in Wien oder von den Kriegserfahrungen als Offizier der großdeutschen Wehrmacht. Der Krieg erschien dem Oberschüler »mehr als Unannehmlichkeit denn als moralisches Problem«. Schon damals bemerkt er an sich als zentralen Charakterzug die »Neigung, seltsame Meinungen zu übernehmen und auf die Spitze zu treiben«.
Nach dem Krieg nimmt er den Gesangsunterricht an der Weimarer Musikakademie wieder auf, kehrt aber dann nach Wien zurück, um Physik zu studieren. Durch einen respektlos-forschen Diskussionsbeitrag auf dem Forum Alpbach 1948, zu dem er eigentlich als Stenograph eingeladen war, erregt er die Aufmerksamkeit Poppers, der ihn nach England einlädt—und gerät damit auf die Bahnen jener Universitätskarriere, deren äußere Stationen London, Bristol, Berkeley, Neuseeland, Kassel und Zürich waren und über deren Erfolge er mit dem gleichen irritierten Kopfschütteln berichtet wie über die harschen Reaktionen auf sein Buch
Wider den Methodenzwang. Erst in den letzten Jahren fand er mit dem privaten Glück auch das ersehnte »Gleichgewicht«. Nicht lange: »Als ich den Titel dieses letzten Kapitels (Fading away) im Sommer 1993 niederschrieb, dachte ich an meinen beruflichen Abschied ... Ich dachte, ich könnte jetzt lesen, in den Wäldern spazierengehen und mich um meine Frau kümmern. Aber es ist nicht ganz so gekommen.« Wenige Wochen nach Abschluß des Manuskripts starb Paul Feyerabend am 1I. Februar 1994.
Umschlag: Hermann Michels
Umschlagfoto: Anna Weise
Inhalt
1. Familie 9
2. Kindheit 22
3. Schulzeit 35
4. Besatzung und Krieg 54
5. Apolda und Weimar 77
6. Studium und erste Reisen 87
7. Sex, Gesang und Elektrodynamik 111
8. London und die Zeit danach 121
9. Bristol 138
10. Berkeley — die ersten zwanzig Jahre 152
11. London, Berlin und Neuseeland 173
12. Wider den Methodenzwang 189
13. Brighton, Kassel und Zürich 207
14. Heirat und Emeritierung 224
15. Fading Away 241