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Landauer .:. Aufruf zum Sozialismus
158086
Landauer, Gustav, Aufruf zum Sozialismus. Berlin 1920.
Vorübergehend geschlossen
13.-28. November 2024
Beschreibung
Landauer, Gustav,
Aufruf zum Sozialismus. Revolutionsausgabe. Dritte Auflage. 11.-15. Tausend. Berlin: Cassirer, 1920. XX, 155 Seiten. Broschiert. 198 g
* Stark gebräunt, knitterig, Umschlag mit kleinen Rissen, schwache Anstreichungen und Anmerkungen mit Bleistift.
Bestell-Nr.158086
Landauer | Anarchismus
In Aufruf zum Sozialismus nennt Landauer drei Punkte für die wirtschaftliche „Sklaverei“ des modernen Kapitalismus. Das erste Problem, auf das er hinweist, ist das Eigentum an Boden. Aus ihm entspringt laut Landauer „die bittende und abhängige Haltung der Besitzlosen“. Derjenige, der Grund und Boden besitzt, kann dem „Besitzlosen“ den Boden vorenthalten. Der Besitzlose braucht aber den Boden für Zwecke des direkten oder indirekten Verbrauchs, und es entsteht daher eine Abhängigkeit. Aus dem Bodeneigentum und seinem Korrelat, der Bodenlosigkeit, entstehen nach Landauer die Sklaverei, die Hörigkeit, der Tribut, die Pacht, der Zins und das Proletariat.
Die Lösung dieses Problems bestehe ganz einfach in der Auflösung des Eigentums an Grund und Boden. Dazu meint Landauer in Aufruf zum Sozialismus:
„Auch die Aufhebung des Eigentums wird im wesentlichen eine Umwandlung unseres Geistes sein; aus dieser Wiedergeburt heraus wird eine mächtige Neuverteilung des Besitzes hervorgehen; und in Verbindung mit dieser Neuaufteilung wird der Wille stehen, das Land in künftigen Zeiten, in bestimmten oder unbestimmten Abständen wieder und wieder neu zur Verteilung zu bringen.“
Die Gerechtigkeit hänge natürlich von einer inneren geistigen Einstellung des Menschen ab. Für die gerechte Verteilung von Grund und Boden braucht Landauer auch keinen Rechtssanktionismus, denn der Geist der Menschen erkenne „freiwillig“, was eine gerechte Verteilung des Bodens ist.
Das zweite Übel, das Landauer hervorhebt, ist die Überlegenheit des Geldes als Tauschmittel gegenüber den Waren. Waren verlieren nach einer bestimmten zeitlichen Dauer ihren Wert durch Gebrauch. Das Geld hat die verhängnisvolle Ausnahmestellung, dass es nur in den Tausch eingeht, nicht aber in den Verbrauch. In einer anzustrebenden gerechten Tauschwirtschaft könne das Geld nicht wie das herkömmliche Geld einen „absoluten Wert“ besitzen. Auch den Zins sieht Landauer generell als schädlich an, weil dieser ständiges wirtschaftliches Wachstum kreiere. Das Hauptübel des derzeitigen Geldes sei aber seine Unverbrauchbarkeit im Gegensatz zur Ware. In der freien Tauschwirtschaft, die Landauer vorschwebt, muss das Geld gegenüber allen anderen Waren insofern gleich werden, als es den Doppelcharakter des Tausches und des Verbrauches trägt. Landauer bezieht sich vor allem auf die Vorschläge des Ökonomen Silvio Gesell. Landauer hält Silvio Gesell für einen der ganz wenigen, die von Pierre-Joseph Proudhon gelernt haben, und schreibt in Aufruf zum Sozialismus über ihn:
„Sehr wertvoll sind darum die Vorschläge, die Silvio Gesell gemacht hat, um ein Geld zu finden, das nicht, wie heute, mit den Jahren an Wert gewinnt, sondern umgekehrt von Anfang an progressiv an Wert verliert, so dass der, der durch Hingabe eines Produktes in den Besitz des Tauschmittels gelangt ist, kein angelegentlicheres Interesse haben wird, als es so schnell wie möglich wieder gegen ein Produkt einzutauschen und so immer weiter.“
Es gibt damit bei der Produktion und beim Erlangen des Tauschmittels kein anderes Interesse mehr als den Konsum. Dieser Gedanke kommt von Proudhon, der lehrte, wie der schnelle Umlauf von Geld Heiterkeit und Lebendigkeit ins private Leben bringe, während die Stockung auf dem Markte und die Verstocktheit des beharrenden Geldes auch das private Leben ins Stocken bringe.
Der Vorschlag, den Silvio Gesell zur Geldreform machte, sah folgendermaßen aus: Anstatt des bisherigen Geldes soll das sogenannte „Freigeld“ eingeführt werden. Geld wird in Zetteln ausgegeben und parallel dazu werden Kleingeldzettel herausgegeben, die ähnlich wie Briefmarken abzureißen sind. Dieser Kleingeldzettel dient zur Entwertung des Geldes, weil das Geld pro Woche um ein Tausendstel weniger wert wird. Der Besitzer eines Zettels muss jede Woche eine Marke aufkleben, die bestätigt, dass der Geldschein um ein Tausendstel weniger wert ist. Damit wird der Inhaber des Zettels (des Geldes) dazu veranlasst, sein Geld schneller auszugeben. Das Münzgeld soll abgeschafft werden und an die Stelle der Reichsbank tritt ein Reichswährungsamt, das für den Geldverkehr sowie für den Zuschuss und die Regulierung der Geldmenge zuständig ist. Das Reichswährungsamt zieht auch am Ende des Jahres alle Geldscheine (Zettel) aus dem Verkehr und führt neue ein. Dieses Konzept von Silvio Gesell wurde von Gustav Landauer voll unterstützt. Landauer führte mit Gesell und anderen Anhängern der von Gesell begründeten Natürlichen Wirtschaftsordnung (zum Beispiel Paulus Klüpfel) einen umfangreichen Briefwechsel.[14]
Der dritte Angelpunkt der „Sklaverei“, den Landauer nennt, ist der Mehrwert. Wert bedeutet zunächst, eine Forderung gegenüber jemandem zu haben. Hier ist also der wirtschaftliche Wert und nicht ein ethischer Wert gemeint. In dem Wort Wert ist laut Landauer die Forderung enthalten, dass der Preis dem jeweiligen materiellen Wert gleich sein soll. Der jeweilige Preis sei aber in der Regel viel höher als die Summe der Löhne, die für das Produkt aufgewendet werden musste, weil der Mensch jeden Vorteil ausnutzen will, nicht bloß den des Eigentums, sondern auch den der Seltenheit eines begehrten Produkts oder die Unkenntnis des Konsumenten. So könne die Arbeit mit ihrem Lohn auf jeden Fall nicht alles kaufen, was sie hergestellt hat, so dass ein erheblicher Teil für die Kaufkraft des Profits übrigbleibe.
Landauer kritisiert den Marxismus in Aufruf zum Sozialismus folgendermaßen:
„Hier geht es darum, darauf hinzuweisen, dass die einseitige Betonung der Lohnfrage von seiten der Arbeiter und ihrer Gewerkschaften im Zusammenhang steht mit der falschen Auffassung des Mehrwerts von seiten der Marxisten. Wir haben früher gesehen, wie Lohn und Preis sich gegenseitig bedingen; wir haben jetzt darauf verwiesen, dass die Auffassung ganz verkehrt ist, nach der der sogenannte Mehrwert eine absolute Größe wäre, die beim Unternehmertum entstünde und von da in die andern Kapitalistenkategorien abflösse.“
Die Wahrheit besteht für Landauer darin, dass all und jeglicher Profit der Arbeit entzogen wird. Es gebe an und für sich keine Produktivität des Eigentums und keine Produktivität des Kapitals, sondern nur eine Produktivität der Arbeit.
Die Marxisten unterliegen gemäß Landauer einem ganz grundlegenden Irrtum, nämlich dass das Sein das Bewusstsein bestimme, und nicht umgekehrt.
de.wikipedia.org
Aufruf zum Sozialismus. Revolutionsausgabe. Dritte Auflage. 11.-15. Tausend. Berlin: Cassirer, 1920. XX, 155 Seiten. Broschiert. 198 g
* Stark gebräunt, knitterig, Umschlag mit kleinen Rissen, schwache Anstreichungen und Anmerkungen mit Bleistift.
Bestell-Nr.158086
Landauer | Anarchismus
In Aufruf zum Sozialismus nennt Landauer drei Punkte für die wirtschaftliche „Sklaverei“ des modernen Kapitalismus. Das erste Problem, auf das er hinweist, ist das Eigentum an Boden. Aus ihm entspringt laut Landauer „die bittende und abhängige Haltung der Besitzlosen“. Derjenige, der Grund und Boden besitzt, kann dem „Besitzlosen“ den Boden vorenthalten. Der Besitzlose braucht aber den Boden für Zwecke des direkten oder indirekten Verbrauchs, und es entsteht daher eine Abhängigkeit. Aus dem Bodeneigentum und seinem Korrelat, der Bodenlosigkeit, entstehen nach Landauer die Sklaverei, die Hörigkeit, der Tribut, die Pacht, der Zins und das Proletariat.
Die Lösung dieses Problems bestehe ganz einfach in der Auflösung des Eigentums an Grund und Boden. Dazu meint Landauer in Aufruf zum Sozialismus:
„Auch die Aufhebung des Eigentums wird im wesentlichen eine Umwandlung unseres Geistes sein; aus dieser Wiedergeburt heraus wird eine mächtige Neuverteilung des Besitzes hervorgehen; und in Verbindung mit dieser Neuaufteilung wird der Wille stehen, das Land in künftigen Zeiten, in bestimmten oder unbestimmten Abständen wieder und wieder neu zur Verteilung zu bringen.“
Die Gerechtigkeit hänge natürlich von einer inneren geistigen Einstellung des Menschen ab. Für die gerechte Verteilung von Grund und Boden braucht Landauer auch keinen Rechtssanktionismus, denn der Geist der Menschen erkenne „freiwillig“, was eine gerechte Verteilung des Bodens ist.
Das zweite Übel, das Landauer hervorhebt, ist die Überlegenheit des Geldes als Tauschmittel gegenüber den Waren. Waren verlieren nach einer bestimmten zeitlichen Dauer ihren Wert durch Gebrauch. Das Geld hat die verhängnisvolle Ausnahmestellung, dass es nur in den Tausch eingeht, nicht aber in den Verbrauch. In einer anzustrebenden gerechten Tauschwirtschaft könne das Geld nicht wie das herkömmliche Geld einen „absoluten Wert“ besitzen. Auch den Zins sieht Landauer generell als schädlich an, weil dieser ständiges wirtschaftliches Wachstum kreiere. Das Hauptübel des derzeitigen Geldes sei aber seine Unverbrauchbarkeit im Gegensatz zur Ware. In der freien Tauschwirtschaft, die Landauer vorschwebt, muss das Geld gegenüber allen anderen Waren insofern gleich werden, als es den Doppelcharakter des Tausches und des Verbrauches trägt. Landauer bezieht sich vor allem auf die Vorschläge des Ökonomen Silvio Gesell. Landauer hält Silvio Gesell für einen der ganz wenigen, die von Pierre-Joseph Proudhon gelernt haben, und schreibt in Aufruf zum Sozialismus über ihn:
„Sehr wertvoll sind darum die Vorschläge, die Silvio Gesell gemacht hat, um ein Geld zu finden, das nicht, wie heute, mit den Jahren an Wert gewinnt, sondern umgekehrt von Anfang an progressiv an Wert verliert, so dass der, der durch Hingabe eines Produktes in den Besitz des Tauschmittels gelangt ist, kein angelegentlicheres Interesse haben wird, als es so schnell wie möglich wieder gegen ein Produkt einzutauschen und so immer weiter.“
Es gibt damit bei der Produktion und beim Erlangen des Tauschmittels kein anderes Interesse mehr als den Konsum. Dieser Gedanke kommt von Proudhon, der lehrte, wie der schnelle Umlauf von Geld Heiterkeit und Lebendigkeit ins private Leben bringe, während die Stockung auf dem Markte und die Verstocktheit des beharrenden Geldes auch das private Leben ins Stocken bringe.
Der Vorschlag, den Silvio Gesell zur Geldreform machte, sah folgendermaßen aus: Anstatt des bisherigen Geldes soll das sogenannte „Freigeld“ eingeführt werden. Geld wird in Zetteln ausgegeben und parallel dazu werden Kleingeldzettel herausgegeben, die ähnlich wie Briefmarken abzureißen sind. Dieser Kleingeldzettel dient zur Entwertung des Geldes, weil das Geld pro Woche um ein Tausendstel weniger wert wird. Der Besitzer eines Zettels muss jede Woche eine Marke aufkleben, die bestätigt, dass der Geldschein um ein Tausendstel weniger wert ist. Damit wird der Inhaber des Zettels (des Geldes) dazu veranlasst, sein Geld schneller auszugeben. Das Münzgeld soll abgeschafft werden und an die Stelle der Reichsbank tritt ein Reichswährungsamt, das für den Geldverkehr sowie für den Zuschuss und die Regulierung der Geldmenge zuständig ist. Das Reichswährungsamt zieht auch am Ende des Jahres alle Geldscheine (Zettel) aus dem Verkehr und führt neue ein. Dieses Konzept von Silvio Gesell wurde von Gustav Landauer voll unterstützt. Landauer führte mit Gesell und anderen Anhängern der von Gesell begründeten Natürlichen Wirtschaftsordnung (zum Beispiel Paulus Klüpfel) einen umfangreichen Briefwechsel.[14]
Der dritte Angelpunkt der „Sklaverei“, den Landauer nennt, ist der Mehrwert. Wert bedeutet zunächst, eine Forderung gegenüber jemandem zu haben. Hier ist also der wirtschaftliche Wert und nicht ein ethischer Wert gemeint. In dem Wort Wert ist laut Landauer die Forderung enthalten, dass der Preis dem jeweiligen materiellen Wert gleich sein soll. Der jeweilige Preis sei aber in der Regel viel höher als die Summe der Löhne, die für das Produkt aufgewendet werden musste, weil der Mensch jeden Vorteil ausnutzen will, nicht bloß den des Eigentums, sondern auch den der Seltenheit eines begehrten Produkts oder die Unkenntnis des Konsumenten. So könne die Arbeit mit ihrem Lohn auf jeden Fall nicht alles kaufen, was sie hergestellt hat, so dass ein erheblicher Teil für die Kaufkraft des Profits übrigbleibe.
Landauer kritisiert den Marxismus in Aufruf zum Sozialismus folgendermaßen:
„Hier geht es darum, darauf hinzuweisen, dass die einseitige Betonung der Lohnfrage von seiten der Arbeiter und ihrer Gewerkschaften im Zusammenhang steht mit der falschen Auffassung des Mehrwerts von seiten der Marxisten. Wir haben früher gesehen, wie Lohn und Preis sich gegenseitig bedingen; wir haben jetzt darauf verwiesen, dass die Auffassung ganz verkehrt ist, nach der der sogenannte Mehrwert eine absolute Größe wäre, die beim Unternehmertum entstünde und von da in die andern Kapitalistenkategorien abflösse.“
Die Wahrheit besteht für Landauer darin, dass all und jeglicher Profit der Arbeit entzogen wird. Es gebe an und für sich keine Produktivität des Eigentums und keine Produktivität des Kapitals, sondern nur eine Produktivität der Arbeit.
Die Marxisten unterliegen gemäß Landauer einem ganz grundlegenden Irrtum, nämlich dass das Sein das Bewusstsein bestimme, und nicht umgekehrt.
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